Über den Fimberpass
63 km • + 1.891 hm • - 2.837 hm • 04:48:00 Nettozeit
Unser „Frühaufsteh-wir
fahren ohne Frühstück Rad“-Tag (6:45h) begann mit einer
8°C kalten, unspektakulären Abfahrt
hinunter zum Kops-Stausee.
In Galtür (1.584 m) wurde dann direkt die erste
Bäckerei geplündert. Verspeist wurden die Brötchen, Rohesser,
Müsliriegel und Nussecken
im Skatepark der Gemeinde Galtür; argwöhnisch beobachtet
vom „Pappkamerad“ Dorfpolizist, was wohl am Verbots-Schild
lag: „Das Befahren der Anlage mit Fahrrädern ist nicht gestattet!“
Danach ging’s gesättigt nach Ischgl (1.376
m), wo wir uns im Supermarkt für unser zweites Frühstück
eindeckten. Das beste was uns dann an diesem Tag passierte, war die Seilbahn,
die uns 350 hm Auffahrt auf der steilen Asphaltrampe ersparte. Entspannt
beobachteten wir aus der Bahn, wie sich die anderen Alpencrosser unten
auf der Rampe quälten.
Im Paznauntal lieferten wir uns im Schritttempo ein heißes Rennen mit zwei kleinen Jungs auf Baumarkträdern, die wir erst nach etlichen Kilometern gnadenlos in den Boden fahren konnten. Das Tal war bis auf den ätzenden Jeep-Verkehr wunderschön und gut befahrbar. Kurz vor der Heidelberger Hütte (2.264 m) zogen dann dunkle Wolken und Regen auf: Dave entschloß sich unsolidarisch zu einem kurzen Zwischensprint zur Hütte und kam noch trocken an. Als Gudrun und KP wenig später im stärksten Regen an der Hütte ankamen, wollte Dave bei der nächsten Wokenauflockerung schon direkt weiter. Mit ein wenig Überredungskunst kam es doch noch zu einer zweiten Brotzeit mit Spaghetti, Kaiserschmarrn und drei heißen Kakao. Gudrun entdeckte zu Ihrem Entsetzen im Kaiserschmarrn Rosinen: „Waah - Hasenscheisse!“ Ihre Stimmung sank auf den Tiefpunkt. Dave wieder solidarisch tunkte dann noch mehrere Rosinen in das gemeinsame Apfelmus, das so nun auch völlig ungenießbar war.
Gemäß unsere Tourtaktik, sämtliche Pässe mitzunehmen,
die man normaler Weise hoch und am besten auch noch runter schieben muss,
machten wir uns um 12 Uhr auf zum Fimbapass
(2.608 m). Vorbei an klingelnden Kühen und Pferden, die
gerne Hörnchen und Bremshebel lutschten und auf Felgen traten. Dabei
trafen wir natürlich auch wieder auf weitere schiebende Alpencrosser.
Mit dabei waren drei Rosenheimer – Vater im Rentneralter, Sohn und
Schwiegertochter - wobei sich der zähe Vater auf seinem Starrbike
besonders hervortat. Schleppte der Kavalier doch gleich zwei Rucksäcke:
seinen und den der Schwiegertochter.
Nach wenigen Minuten fing es wieder zu regnen an und in der Ferne zog
ein donnerndes Gewitter heran. Natürlich gab es keine Möglichkeit
sich unterzustellen. Kurz unterhalb des Passes kam dann auch noch Hageln
hinzu! Juhu, die ersehnte Testphase für unsere GoreTex-Klamotten
begann. Nun kam also der adrenalinflutende Downhill,
vor dem uns noch ein Guide am Vortag abgeraten hatte: „Bei Regen
wegen der glatten und engen Schieferpassagen am 150 m tiefen Steilhang
unfahrbar!!“. Auf der Abfahrt fuhren wir wieder auf zwei Gruppen
auf, die uns beim Schieben überholt hatten. Unser Fazit: „Schöner
Downhill, Regen macht’s interessant!“
Dave bekam auf der Regenabfahrt fast noch einen Herzinfarkt, als er am
Vorderrad ein lautes Zischen hört. Schon wieder platt? Nein zum Glück
nur das verdampfende Wasser auf der Scheibenbremse. Am Ende des Trails
kam eine kleine Brücke, welche die Biker vor uns nur äußerst
langsam und vorsichtig schiebend bewältigten. Unter ihren verblüfften
Augen fuhren Gudrun und KP einfach durch den Fluß, Dave entschloß
sich vom mittleren Brückenstein zu droppen. Der erste Versuch endete
mit einer Landung auf dem Hintern,
der
zweite klappte besser. Im Bach wurden dann noch Räder, Klamotten
und Körperteile gewaschen.
GoreTex Test-Phase 1 bestanden!
Die während der Abfahrt von Dave gefundene und bis hierhin mitgeschleppte
Flasche, ließ er an der Brücke zurück, nachdem andere
Biker ihm erzählten, welchen Vorsprung der Inhaber bereits habe.
Sie sollte uns aber noch bis zum nächsten Tag verfolgen…
Es folgte eine ewig lange Asphaltabfahrt über Vna
(1.630 m) und Ramosch nach Sur En (1.124
m). Mit jedem weiteren Kilometer stellten sich Gudrun und KP die Frage:
„Wie lange hält die HS33 bzw. Felge bei Dauerbremsen?“
Am Campingplatz Sur En füllten wir die Flaschen und ölten die
Ketten für die eigentlich noch geplante Auffahrt ins Val
d’Uina. Bei der Auffahrt kam es allerdings anders als geplant
- es begann zu tröpfeln. Die berühmte Schluchtgalerie hatten
wir noch nicht erreicht, als es nach einer halbe Stunde dann richtig am
Schütten und Gewittern war. Es began GoreTex Testphase 2, wir stellten
uns unter und versuchten in der Schweiz eine Unterkunft per Handy zu organisieren.
Dies klappte auch sogar schon beim zweiten Anruf und wir quartierten uns
direkt am Taleingang im Jugendgästehaus Sur En ein. Alle Höhenmeter
umsonst... Dafür Plastikmatratzen, ein Trockenraum, eine warme Dusche
und ein 6-Bett-Zimmer für 16 € pro Kopf. Günstig für
die Schweiz, allerdings ohne Abendessen. Dieses nahmen wir dann auf dem
nahgelegenen Campingplatz ein. Ein paar wenige Tortellini und die teuersten
Pommes aller Zeiten.
Der Abend wurde trotzdem sehr unterhaltsam: Gudrun nahm noch eine eingehende
Analyse ihrer Socken vor: “Die riechen noch gut, aber da ist noch
was drin“ und inhalierte einen tiefen Zug. Dave und KP verdrehten
entsetzt die Augen und begannen sich ernsthafte Sorgen über die Drogenprobleme
ihrer Mitfahrerin zu machen. KP gab ständig irgendwelche Geräusche
von sich, manchmal auch sinnvolle vollständige Sätze. Dies schienen
die Auswirkungen der „Höhenluft“ - auf immerhin 1.130
m Höhe - zu sein. Zeitweise bestand die komplette Konversation aus
unzuordbaren Lauten. Mißverständnisse waren so vorprogrammiert,
was trotz Regen und Feuchtigkeit alles zur allgemeinen Heiterkeit beitrug.