Zurück zum Grenzkamm
33 km • + 1.291 hm • - 2.190 hm • 04:48:00 Nettozeit
Das Winterlager war natürlich weder beheizt noch wirklich winddicht. Wie kalt es dann wohl erst im Winter sein muss! Den Kopf unter zwei Decken begraben lag ich im Durchzug neben dem Fenster. Es war das erste Mal, dass ich mich nicht zum Aufstehen durchringen konnte - es war einfach sau frisch im Lager! Den anderen ging es auch nicht anders. Gudrun war selbst in voller Montour noch unter sechs Decken am frieren! Erst als der Hubschrauber direkt neben der Hütte landete, konnten wir uns endlich aufraffen aufzustehen und uns in der Kälte fertig zu machen..
Bei 5°C und ohne Frühstück brachen wir auf zum Rifugio
Garelli (1.970 m). Marco wie üblich in kurzer Short! Die
Kameraausrüstung nahm im Rucksack einfach zu viel Platz ein. Aber
auch so wäre er wahrscheinlich noch in kurzer Hose gefahren. Der
Nebel hatte sich bereits in der Nacht verzogen und wir hatten nun keine
Probleme den Weg über Colle del Pas (2.342 m) und
Porta Sestrera (2.225 m) zu finden. Bergauf war mal wieder
Schieben angesagt, doch darin hatten wir ja mittlerweile Übung. Dafür
gab es zur Belohnung eine kurze Trail-Abfahrt
von Porta Sestrera zum Rifugio, wo wir unserem Motor erst einmal wieder
Brennstoff in Form von Pasta und Kuchen zuführten. Es war ungewohnt
ruhig in dieser modernen Berghütte mit dem Querschnitt eines Dreiecks.
Wir waren die einzigen Gäste! Beim verspäteten Frühstück
hatten wir einen klasse Blick auf den wie ein Sägeblatt gezackten
Bergkamm beim Vallone del Marguareis.
Danach führte uns der GTA auf einem später etwas verblockten,
schmalen Trail
bergab in eben dieses Tal und anschließend hoch zum Passo
del Duca (1.989 m). Das hieß im Klartext mal wieder fast
400 Hm und 1,2 km Schieben!
Also, im dem Buch nach dem wir uns hauptsächlich richteten war der
Abstecher zum Rifugio Garelli iiiirgendwie leichter beschrieben. Ganz
klar, ohne Schiebepassagen geht's natürlich auch nicht. Doch nicht
auszudenken wenn wir die anderen angeblich gut fahrbaren Trails auch alle
durchschieben müssten! Das würde ja den ganzen Zeitplan durcheinander
bringen. Marco machte sich auf jeden Fall bereits ernsthafte Gedanken
zum weiteren Tourverlauf.
Nach einer Stunde waren wir dann doch endlich oben am Pass. Von hier aus
fuhren wir erst auf einen Single, später auf einem alten, sorgsam
mit Steinmauern abgestützten Militärweg
über Colla Piana (2.210 m) wieder zurück zur
Grenzstraße. Unterwegs konnten wir die nun auch die ersten Murmeltiere
aus nächster Nähe beobachten.
Auf der Abfahrt zur Ligurischen Grenzkammstraße schlug ich dann wieder zu – Durchschlag! Das konnte Marco natürlich nicht auf sich sitzen lassen und legte nur 1 km später mit seinem Platten nach. Es war jedoch durchaus nicht so, dass nur Marco und ich Probleme hatten. Wir konnten im Gegenzug über Lorenz' Leichtbau-Laufräder herziehen, an denen er täglich herumzentrierte! *g*
Das erste Stück der breiten Grenzstraße ging bergab und wir wurden auf dem groben Untergrund mal wieder so richtig durchgerüttelt. In der schnellen Frequenz mit der die Schläge kamen, war Lenken und Bremsen weitaus anstrengender als bei allen mir bekannten Downhills! Die Strecke war dafür wie gemacht für Lorenz, der mit seinem Fully wie eine Rakete an uns vorbeischoss. Mit der Zeit wurde die Piste jedoch wieder einfacher fahrbar. Am Hang entlang ging es an einem Skigebiet vorbei bis zum stark befestigten Colle di Tenda (1.871 m) mit seinen sechs Höhenforts. Wir fuhren hinauf zum grasbewachsenen Fort Central (1.805 m), der ältesten, im Jahre 1880 erbauten Befestigungsanlage der Region. Der kastenförmige Bau mit seinen vielen Schießscharten befindet sich direkt am Steilhang mit Sicht nach Frankreich. Er ist von einem tiefen Graben umgeben und war damals nur durch eine kleine, nicht mehr vorhandene, Brücke zugänglich.
Vom Fort aus ging es, nach einer weniger freundlichen Diskussion mit einem Bergbauern, dem GTA folgend, auf einem Single quer durch eine Kuhweide hinab nach Limonetto (1.294 m), unserem neuen Etappenziel. Rifugio Soria Ellena, das ursprünglich anvisierte Ziel, befand sich außerhalb unserer Reichweite. Die Schleife zu Rif. Garelli hatte den gesamten Tourverlauf durcheinander gebracht. In der Posto Tappa von Limonetto waren wir im Kellergeschoss untergebracht. Schräg gegenüber gab es einen kleinen Supermarkt in dem wir uns alternativ zu den Energieriegeln mit Schokolade und Keksen eindeckten. Mein persönliches kulinarisches Highlight aber waren die selbstgemachten Käseravioli der Posto Tappa. Ich hätte auf den Hauptgang verzichten und noch einen Teller Ravioli ordern sollen! ;-)
Nach dem Auffüllen der Energiebunker wurde der weitere Tourenverlauf beratschlagt. Marco traute der Beschreibung des Buchs nicht mehr und befürchtete weitere unerwartete Schiebestücke. Die wollten wir uns natürlich so weit wie möglich ersparen und arbeiteten notgedrungen eine neue Route aus.